Weil wir es können ...

Der spezielle Fall wurde vom L&D Department eines grossen Softwarehauses präsentiert und zeigte die Einbindung eines Chatbot in eine Community. Dieser Chatbot, der als solcher durch die Verwendung eines Avatars erkennbar ist, begrüsst nun neue Mitglieder und dieser Chatbot beantwortet die Fragen, wobei er natürlich bei häufigen wiederkehrenden Fragen wirklich helfen und damit einen Mehrwert bieten kann.

Ich persönlich sehe den Einsatz von KI in einer Community, in der sich Menschen austauschen wollen und sollen nun allerdings sehr kritisch. Eine der wichtigsten Regeln für Communities die leben sollen, ist das Prinzip von Augenhöhe und Achtsamkeit. Findet eines von beiden, oder gar beides keine Beachtung, so werden sich die Mitglieder schwer tun, sich aus der Deckung zu wagen und die Community wird keine rege Beteiligung erfahren. Gerade das Prinzip der Augenhöhe bietet die grossartige Möglichkeit, das alle Mitglieder einer Community ihre Expertise anbieten, ihr Wissen teilen und somit nicht mehr nur Lernende, sondern auch Lehrende sein können.

Kommen wir nun zurück zum Bot. Mit welchem Gefühl startet ein neues Mitglied in seine Community, wenn es an der "Tür" von einem Produkt künstlicher Intelligenz begrüsst wird? Was sagt ihm das über die hier herrschende Wertschätzung aus, oder über das Prinzip Sharing is Caring?

Und wie können die Mitglieder der Community ihre Expertise erleben und die Energie, die das Teilen von Wissen erzeugt, wenn sie gar nicht erst in die Lage kommen, auf die Fragen ihrer Peers einzugehen, weil der Bot alles direkt abarbeitet?

Natürlich ist es möglich, Bots in solchen Anwendungskontexten einzusetzen. Es schafft eine gewisse Effizienz, spart Menschen Zeit und die Notwendigkeit, gewisse Fragen mehrmals beantworten zu müssen. Aber es schmälert das Potenzial, das eine Community in sich birgt, und so gehört es für mich zu den Dingen, die man tut, weil man es kann.

Wie wäre es stattdessen, den Bot nur Fragen beantworten zu lassen, die bereits mehrere Tage ohne Reaktion geblieben sind? Es muss ja nicht an sich falsch sein, eine solche Technologie einzusetzen.

Aus meiner Sicht trägt die Digitalisierung viel dazu bei, dass wir schon jetzt und in Zukunft Dinge tun können, die bisher kaum möglich waren. Aber es ist keine wirklich zielführende Taktik, diese nur zu tun, weil man es eben kann. Sondern immer im Blick zu behalten, wann es eine sinnvolle Einsatzmöglichkeit gibt, oder wann es eher kontraproduktiv im Sinne einer gewünschten Wirkung ist.

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