Digitale Transformation des Lernens

Die breite Digitalisierung von Lehr-/Lernprozessen begann bereits in den späten 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Erstmals begannen Anbieter mit Autorensystemen Computer based Trainings (CBT) zu entwickeln, die auf Diskette ausgeliefert wurden und neben Wissensvermittlung auch erste Formen von Interaktivität ermöglichten. Mit wachsender Internetbandbreite dauerte es nicht lange, bis der Sprung ins das Formate des Web based Training (WBT) stattfand, mit 256 Farben und vorherrschendem Netscape-Grau präsentierte sich dies zunächst jedoch grafisch nicht besonders ansprechend. Immerhin startete damit der Versuch, Lehren von der Offline Welt in die Online Welt zu übertragen. An der zugrundeliegenden Pädagogik (oder sprechen wir im Fall der Erwachsenenbildung besser von Andragogik) ändert sich jedoch nichts: das Lernen blieb formal, zentral war die Wissensvermittlung, der Erfolg sollte durch Quizzes sichergestellt werden, Transfer bildete in der Regel keinen Bestandteil, Lernen als reflektiver und sozialer Prozess spielte keine Rolle.

Trotz geradezu explodierenden Internetspeeds und bahnbrechend neuer Technologien, die immersive Lernszenarien oder live-online Settings ermöglichen, in denen jegliche Methoden solchen Lernens umsetzbar wären, hat sich daran kaum etwas geändert. Oftmals lag der Fokus auch (zu) sehr auf dem Machbaren und (zu) wenig auf dem Sinnvollen.

Heute – insbesondere in Zeiten von Corona – spricht man noch immer von der reinen Digitalisierung, also dem Überführen analoger in digitale Formate. Und tut dies unangemessenerweise eins zu eins. Da werden ganze Powerpointschlachten in Scorm-Formate überführt und dann als eLearning über die Lernpflichtigen ausgekippt. Oder lässt sie lieblos in live-online Kontexten, wie Webinaren vorlesen und nutzt die Interaktionsmöglichkeiten allenfalls für Fragen am Ende der einschläfernden Veranstaltung.

Wollen wir uns jedoch auch beim Lernen digital transformieren, dann spielen Technologie und Multimedialität zunächst einmal gar keine Rolle, denn die digitale Transformation beginnt immer beim Menschen. Wir sollten dazu also zum einen berücksichtigen, wie der Mensch denn eigentlich lernt. Und welche Settings dabei unterstützen können. Und zum zweiten wäre zu herauszufinden, wie wir als «Lehrende» unsere Rolle und Aufgaben entwickeln müssen, um mit geänderten Rahmenbedingungen umzugehen, in denen beispielsweise zu vermittelndes Wissen und Fähigkeiten implizit und dezentral sind und wir also kein Füllhorn explizierten Wissens zur Verfügung haben, dass sich durch den digitalen Trichter in Köpfe kippen lässt.

Ich möchte mich in meiner Blogreihe mit der notwendigen digitalen Transformation beschäftigen. Und zwar nicht aus der Perspektive desjenigen, der alle Antworten kennt. Sondern eher aus dem Blickwinkel von jemand, dem die Fragen nicht ausgehen und der immer auf der Suche nach Antwortmöglichkeiten im Sinne von Good Practice ist.


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